Die Montessori-Pädagogik, heute in allen freien Ländern der Erde bekannt und noch ebenso aktuell wie vor 100 Jahren, ist mit dem Lebensweg der Frau verbunden, die dieser Pädagogik den Namen gab. „Abenteuer eines Lebens für das Kind“ überschreibt Prof. Günther Schulz-Benesch ihre Lebens-geschichte.
Maria Montessori wurde am 31.08.1870 in Chiravalle bei Ancona geboren. Sie zeigte schon als kleines Kind ein großes Interesse für Mathematik.
Zu Beginn des Sommersemesters 1892 erlebt die medizinische Fakultät der Universität Rom etwas noch nie Dagewesenes. Eine junge Studentin, Maria Montessori, will sich für die Studienrichtung Medizin einschreiben. In die Domäne der Männer einzudringen scheint nicht nur unerhört, sondern geradezu unmöglich. Wie es ihr gelungen ist, ihre Einschreibung dennoch durchzusetzen, ist nicht überliefert, jedoch war es allein mit der Einschreibung nicht getan. Die Professoren versuchten die junge Frau zu übersehen, die Mitstudenten reagierten ablehnend, sogar boshaft. 1896 erreichte Maria Montessori allen Widerständen zum Trotz ihr Ziel und promovierte als erste italienische Frau zum Doktor der Medizin.
Es folgte eine Anstellung als Assistenzärztin von 1896 bis 1898 in der römischen Universitätskinderklinik in der Abteilung Kinderpsychiatrie. Im Umgang mit den geistig behinderten kleinen Patienten erkannte sie den Tätigkeitsdrang und Eigenantrieb, der allen Kindern zu eigen ist. Sie entwickelte das Sinnesmaterial des französischen Arztes Séguin weiter und erregte mit ihren heilpädagogischen Erfolgen schon sehr bald Aufsehen. Von 1898 bis 1900 arbeitete sie als Direktorin eines heilpädagogischen Instituts in Rom und habilitierte 1904 als Privatdozentin für Anthropologie.
Maria Montessori folgerte aus ihren Erkenntnissen, dass mit Hilfe ihrer Unterrichtsmethode alle Kinder ungleich besser gefördert werden könnten als es bisher der Fall war. Durch die Beobachtung eines vierjährigen Mädchens, das eine Übung mit Einsatzzylindern über 40 mal wiederholte, entdeckte sie das Phänomen der Polarisation der Aufmerksamkeit. 1907 wurde sie von der italienischen Regierung damit beauftragt, das erste Kinderhaus (Casa dei Bambini) in San Lorenzo, einem Vorort von Rom, zu „beaufsichtigen“ und die Hygiene zu kontrollieren, da das Kinderhaus in einem so genannten Elendsviertel, heute vergleichbar mit einem sozialen Brennpunkt, angesiedelt war. Maria Montessori machte sich bei ihrer Arbeit die Erfahrung zunutze, die sie vorher mit behinderten Kindern gemacht hatte und verwendete für ihre Arbeit das Material, das sie aus der Experimentalpsychologie kannte. Dieses hatte sie weiterentwickelt, angeregt durch Impulse, die von den Kindern ausgingen. Sehr schnell wurde in Rom das Kinderhausmodell bekannt, da die Kinder nicht geahnte Fortschritte machten und Erfolge zeigten, die den unterprivilegierten Kindern vorher nicht zugetraut wurden.